Richter Arthur Hutz in Eile

Heute können alle Juristen gar nicht schnell genug heim kommen 😉

Richter Arthur Hutz: RAH

Staatsanwalt Severin Labher: SSL

Rechtsanwalt Cevin Vödisch: RCV

Angeklagter Tadeus Ziturnus: ATZ

Gerichtsdiener Christian Clötenkwetscher GCC

(ATZ neben seinem Anwalt RCV sitzend, dahinter GCC & Kollegen stehend, auf dem am gegenüberliegenden Saalende befindlichen Schreibtisch SSL voller Ungeduld seine Akten begutachtend)

[Enter RAH]

GCC: „Bitte erheben Sie sich!“ (Alle aufstehend)

RAH: „Bitte nehmen Sie Platz! Ich eröffne die heutige Sitzung – mit einer Viertelstunde Verspätung leider – und zwar gegen den angeklagten Taciturnus – Moment, pardon! – Tadeus Ziturnus wegen Tierquälerei.

Die Staatsanwaltschaft wird vertreten von Herrn Severin Labher, die Verteidigung übernimmt Herr Cevin Vödisch. Herr Ziturnus, rasch zu Ihren Personalien:

Sie heißen Tadeus mit Vornamen, Sie sind geboren am 05. August 1984 in Stuttgart, wohnhaft ebenda, verheiratet, von Beruf Theaterdarsteller.“

ATZ: „Jawoll!“

RAH: „Herr Staatsanwalt, die Anklage bitte, á Tempo!“

SSL: „Hohes Gericht, Herr Verteidiger, verehrtes Publikum! Die Staatsanwaltschaft legt dem angeklagten Tadeus Ziturnus aufgrund ihrer Ermittlungen folgenden Sachverhalt zur Last:

Am Abend des 15. März 2017 gegen 19.30 Uhr betrat der Angeklagte sternhagelvoll eine Polizeihundeschule. Dort sang er den Hunden die Lieder „Bad Romance“ von Lady Gaga sowie die DDR-Hymne vor, jedoch absichtlich in schiefer Tonlage. Erst am Vorabend hatte der Angeklagte bei einer postmodernen Aufführung von Dürrenmatts „Die Physiker“ noch beide Lieder fehlerfrei vorgetragen.

Die Hunde wurden durch seine Tat an den Rande des Wahnsinns getrieben.

Ein Schäferhund versuchte, sich aus dem Gehege zu buddeln, ein Dachshund konvertierte spontan zum Zoroastrismus und ein Bedlington Terrier zerfleischte vier Leonberger Azubis.

Dies alles hatte der Angeklagte billigend in Kauf genommen.

Der Angeklagte wird somit eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz in Tateinheit mit Hausfriedensbruch beschuldigt, strafbar gemäß § 17 Tierschutzgesetz sowie §123, 1 und 2 Strafgesetzbuch.“

RAH: „Danke! Herr Verteidiger, wird Ihr Mandant Angaben machen?“

[SSL Platz nehmend]

RCV: „Das wird er, Herr Vorsitzender.“

RAH: „Nun denn, Herr Ziturnus: Hat es sich so zugetragen wie eben vom Herrn Staatsanwalt verlesen?“

Angeklagter: „Nein.“

SSL: „Also, mich überzeugt das. Es kam mit Zuversicht rüber.“

RAH: „Sehe ich auch so, Herr Staatsanwalt.“

RCV: „Ich schließe mich mit Wonne an.“

RAH: „Ich denke, wir können das Ganze abkürzen. Ich habe keine Lust, die ganzen Paragraphen herunter zu zählen, die bei einer Einstellung dieses Affentheaters nötig wären. Daher machen wir es förmlich. Fragen an den Angeklagten? [Kopfschütteln von Ost und West] Sie nehmen neben Ihrem Verteidiger Platz bitte. Wir treten in die Beweisaufnahme ein. (Kurz inne haltend) So! Noch irgendwelche Anträge oder Erklärungen?“

RCV: „Keine.“

SSL: „Keine.“

[ATZ am seinem Platz ankommend]

RAH: „Dann schließe ich hiermit die Beweisaufnahme. Herr Staatsanwalt, Ihr Plädoyer, bitte.“

SSL[Aufstehend]: „Hohes Strafgericht, Herr Verteidiger, ich möchte mich kurz fassen, um daheim mit meinem Kater zu kuscheln. Es gibt nach der heutigen Hauptverhandlung schlicht keine hieb-und stichfesten Beweise gegen den Angeklagten, keine glaubhaften Zeugen, keine am Tatort hinterlassenen Violinschlüssel. Was es stattdessen gibt, sind erhebliche Zweifel an seiner Schuld. Ich beantrage Freispruch. [Sich setzend]“
RAH: „Vielen Dank! Herr Verteidiger, bitte!“

RCV [Aufstehend]: „Hohes Gericht, Herr Staatsanwalt, die erste Lektion meiner ersten Vorlesung im ersten Jura-Semester lautete damals: ‘Stelle dich nie zwischen einen Staatsanwalt und seinen Kater.’ Das Gleiche gilt im Übrigen für Strafverteidiger und Himbeer-Sorbets. Ich beantrage wegen erwiesener Unschuld Freispruch. [Platz nehmend]“

RAH: „Danke, Herr Verteidiger. Herr Angeklagter, Sie haben das letzte Wort. Sie können noch was sagen, müssen aber keinesfalls.“

Angeklagter: „Nun, zunächst einmal möchte ich die Anklage von hinten aufrollen. Meine Argumentation stützt sich dabei auf drei Säulen, die ich hiermit noch einmal ausführlich zu erläutern gedenke, ehe Sie Ihr Urteil fällen. Als erstes gebe ich zu bedenken, dass ich zu keinem Zeitpunkt intendiert hatte, mich zu fi…“

RAH: “Ich unterbreche bis zur Urteilsverkündung.“

GCC: „Bitte erheben Sie sich! [nach antreibendem Blick des RAH] Und bleiben Sie gleich stehen für die Verkün… [Saal sich erhebend]“

RAH [Hastigst]: „Ich verkünde im Namen des Volkes folgendes Urteil:

Der Angeklagte Tadeus Ziturnus wird freigesprochen. Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens. Bitte nehmen Sie, wenn Sie denn unbedingt den Drang haben, nochmal kurz Platz.

Ich denke, eine genaue Erläuterung erübrigt sich nach dieser Beweisaufnahme. Gegen dieses Urteil kann noch innerhalb einer Woche Revision eingelegt werden. Damit ist die Hauptverhandlung geschlossen. Bitte gehen Sie.“

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