Im Ausschnitt des heutigen Falls geht es um einen Zeugen, der seine Vernehmung und eine populäre Radio-Quiz-Sendung ein wenig durcheinander bringt. Der Richter, der ihm die Fragen stellt, ist davon ein wenig verwirrt…
Guten Tag, Herr Balkeneder! Bitte nehmen Sie vorne in der Mitte Platz! Sie wissen, dass Sie als Zeuge die Wahrheit sagen müssen, wenn Sie das nicht tun, würden Sie bestraft werden. Zunächst einmal zu Ihren Personalien: Sie heißen Roman Balkeneder, sind 55 Jahre alt, von Beruf Radiomoderator. Oder heißt das dann Disco-Jockey? Naja, Sie sind verheiratet und mit dem Angeklagten weder verwandt noch verschwägert. So weit alles richtig?
- Bayern 1.
Ich fasse das jetzt mal als ‘Ja’ auf. Also, Sie wissen, um was es heute geht. Der Angeklagte soll einen ferngesteuerten Zeppelin so manipuliert haben, dass er in die Veranda von Frau Borbbjan geflogen ist, um dort ein Glas Limonade zu verschütten und eine sündhaft teure Tischdecke aus waschechter Vesuv-Lava zu beflecken, ob derer der Angeklagte neidisch war. Sie sind der Nachbar von Frau Borbbjan und haben an dem Nachmittag auf dem angrenzenden Grundstück ihren Rasen gemäht, konnten also Einiges mitkriegen. Was können Sie uns zu dem Nachmittag sagen?
- Ja, soweit alles richtig!
Also, Herr Zeuge, schön, dass mein Tathergang seine Richtigkeit hat. Aber haben Sie nun konkret was zur Tat beobachten können?
- Dass Frau Borbbjan wie eigentlich jeden Sonntag damit beschäftigt war, ihren Kaninchen und Meerschweinchen Gustav Mahlers Klavierquartett in a-Moll vorzuspielen sowie heiter summend ihre Fallen für Mardern zu aktualisieren und barbarisieren.
Fein! Fiel Ihnen dabei etwas Ungewöhnliches auf?
- In der Tat! Auf einmal, es muss in etwa 17 Uhr gewesen sein, flog ein ferngesteuerter Zeppelin in die Veranda von Frau Borbbjan. Er kam aus Richtung Südwesten.
Wie hat ihre Nachbarin auf den Angriff reagiert?
- Naja, ein Zeppelinangriff ist in unserem Viertel dann doch eher selten, Herr Vorsitzender. Ich meine, wir wohnen ja nicht an der britischen Ostküste und wir befinden uns auch nicht mehr im Ersten Weltkrieg.
Herr Balkeneder, das ist mir klar! Aber was geschah direkt nach dem Angriff?
- Frau Borbbjan, ja, was hat sie eigentlich genau gemacht? Sie legte den aufgespießten Marderkopf beiseite, den sie als Warnung an alle anderen potentiellen Haustiermörder an allen Ecken ihres Grundstücks zu platzieren im Begriff war, schrie „Ei der Daus!“ und rannte gen Veranda.
Und Sie selber?
- Nach dem Angriff quiekten ihre Meerschweinchen vor Aufregung und meine Nachbarin rannte mit ihrer Tischdecke heraus und schwor Rache! Das kennt man aber bereits von ihr, nämlich nach Marderangriffen.
Ihre eigene Tätigkeit haben Sie unterschlagen, aber gut. Sah das Ganze für Sie nach einem Unfall aus?
- Ich persönlich bin rein zu meiner Frau, da Frau Borbbjan schon sehr ungestüm werden kann. Da sollte man besser nicht in der Schusslinie stehen. Außerdem wusste ich ja nicht, ob es ein Versehen war oder ob unser Viertel unter Beschuss stand.
Verstehe! Haben Sie also nicht weiter sehen können, was ihre Nachbarin im Anschluss tat?
- Für mich war nicht klar, ob die Zeppelininvasion ein Versehen war oder geplant.
Ja, schon klar, Herr Balkeneder! Was können Sie weiter zum Tathergang sagen?
- Was Frau Borbbjan tat, vermag ich nicht zu sagen. Lediglich eine gewisse auditive Partizipation ward mir zuteil, da ich sie weiter fluchen hörte.
Ach so! Was genau sagte sie da?
- Mehr kann ich eigentlich nicht beitragen, Herr Vorsitzender.
Moment mal, so geht das nicht! Wenn wir noch Fragen haben, müssen Sie die auch beantworten. Also, haben Sie mit ihrer Nachbarin über den Vorfall gesprochen?
- Sie sagte so etwas wie „Den Unhold wenn ich erwische, der wird um seinen Tod betteln! Wehe ihm! Meine schöne Vesuvdecke! Wahrlich, der wird mein Geschick bei der Jagd zu spüren bekommen, bei den Göttern!“
Interessant! Wissen Sie denn, ob Frau Borbbjan Feinde hat?
- Also, mit ihr persönlich habe ich nicht gesprochen. Offen gesagt ist sie mir ein wenig unheimlich, seit sie begann, an jedem Vollmond rituelle Hinrichtungen an den Nagermördern zu vollstrecken. Dabei hat sie Mottos wie „Hängen-Herbst“ oder „Folter-Frühling“. Wenn es um ihre Tierchen geht oder um Tiere allgemein, ist sie ein wenig eigen. Da reduziert man den nachbarschaftlichen Kontakt dann schon gerne mal auf ein Minimum.
Hatten Sie denn mal ein besseres Verhältnis zu ihr?
- Ich kann das nicht sicher sagen. Ich weiß nur, dass diverse PETA-Aktivisten sie manchmal verfolgen und versuchen, die öffentlich zur Schau gestellten Marder-Hinrichtungen zu unterbinden. Sonst weiß ich von niemandem, der mit meiner Nachbarin ein Riesenproblem hätte, trotz Ihrer antiquierten Aktivitäten.
Nun, da kann man sie als Nachbar schon mal meiden, das ist denke ich verständlich. Ist Ihnen im Laufe des Tages oder auch in den darauffolgenden Tagen noch irgendetwas aufgefallen, das zur Aufklärung des mutmaßlichen Zeppelinangriffes beitragen könnte?
- Nein, sie war schon immer sehr eigen. Gut, ein paar Worte habe ich schon mit ihr gewechselt über die Grenzzäune hinweg. Aber da war nie etwas Interessantes dabei.
Sie selber oder Mitglieder Ihres Haushalts wurden aber nicht verletzt, oder, Herr Balkeneder?
- Mir ist nichts aufgefallen.
Nun denn, gibt es weitere Fragen an den Zeugen. Keine? Gut, dann bleiben Sie unverei… das heißt, eine Frage habe ich doch noch: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, quält sie Mardern. Haben Sie diese Angriffe auf das Tierrecht schon mal zur Anzeige gebracht?
- Nein, mein Haushalt blieb unversehrt.
Von den Marderangriffen, meinen Sie?
- Nein, ich mische mich da nicht ein.
Wobei mischen Sie sich nicht ein? Konzentrieren Sie sich bitte, die Zeugenpflicht ist eine ernste Angelegenheit.
- Davon blieben wir stets verschont.
Herr Zeuge, haben Sie heute getrunken?
- Bei den Angelegenheiten, die meine Nachbarin mit Mardern hat, meine ich.
Sollen wir den Gerichtsdiener bitten, das Atemalkoholmessgerät zu holen?
- Heute habe ich noch nichts getrunken.
Da sind Sie sicher?
- Bayern 1.